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Die Werkstatt

Die Türe zur alten Werkstatt war an den Scharnieren schon eingerostet und das grün bemalte, abgesplitterte Holz mehr als reparaturbedürftig.

Man konnte bereits an einigen Stellen die unaufgeräumte Werkbank, den Hammer des Urgroßvaters und den bläulich bemalten Estrich erkennen, auf dem Teile von alten Spannteppichen so angebracht waren, dass sie die bereits abgeschundenen und zerkratzten Stellen des Fußbodens überdeckten. In der rechten hinteren Ecke des Gemäuers stand ein Kasten, der sich wahrscheinlich schon ewig in dieser Ecke befand, dem Staub und Schmutz zu urteilen, den man sorglos unter ihn gekehrt hatte. Gleich daneben, ein altes Sofa, vergilbt und abgesessen, doch die Farbe konnte einmal weinrot gewesen sein. Viel von der Sitzfläche war ohnedies nicht mehr zu sehen, da sich Schuhschachteln und Kartons auf ihr stapelten, gefüllt mit allerlei Kleinkram, die man wohl in der Absicht aufgehoben hatte, man könnte sie vielleicht einmal gebrauchen. Von diesem Sammlerdasein zeugte auch der Kleiderständer, auf dem neben dem grauen Arbeitsmantel von de Santes auch eine Schibindung von 1900 aufgehängt war.
Ein längeres Stück Eisen stand an der Stirnseite des kleinen Raumes, vor einer Kommode, die Lagerplatz für alte Zeitungen, Farbresten und Malerutensilien war. Ein Stück dieses Eisenteils schien abgeschnitten, an der Seite war das Metall abgeschunden, doch sicher noch brauchbar. Vor der Werkbank mit ihren großen Laden, dem Holzbrett, an dem fein säuberlich die Schraubenzieher, die Feilen und die zwei Sägen auf Nägeln aufgehängt waren und vor dem Bücherregal, auf dem neben der Bibel und einem Groschenroman ausgewaschene Joghurtbecher die kleinen Utensilien des Heimwerkers verbargen, stand ein klein gewachsener, unscheinbarer alter Mann, dessen blaue Latzhose ihm viel zu groß war und keine Träger mehr hatte. Sie waren vor Jahren abgerissen, als de Santes wohl den Acker vor seinem Haus umpflügte und an der alten Birke hängen geblieben war. Durch die Doppelglasfenster drang nur spärlich Licht, sodass man das langärmlige Hemd schnell als einfärbig hätte deuten können. Eigentlich war das Streifenmuster schon beim Waschen verblasst, doch dem geschulten Auge sprangen sofort einst rot-braune Streifen an, die dem Hemd einen bäuerlichen Charakter verliehen. So stand der kleine de Santes nun vor seinem Werkstück, schweißgebadet und mit einer Wut im Bauch, da dieses Eisenteil so unendlich hart zu sein schien und die restliche Farbe einfach nicht wegzuschleifen war. So sehr er sich auch anstrengte, es gab Rillen und Furchen, in die sich die rostbraune und grüne Farbe festgefressen hatte und nicht mehr wegzubekommen war. De Santes war am Verzweifeln, wollte schon alles liegenlassen und sich umdrehen, um seinen Mantel zu greifen. Doch dann fasste er sich erneut ein Herz, um es noch einmal zu probieren. Ein einziges Mal noch wollte er die Feile mit dem Holzgriff über das Eisen gleiten lassen, um die Farbreste aus einer Kante hinauszuschleifen. Ein letztes Mal sollte sich seine Willenskraft gegen die Farbe stellen.

Geschrieben von Susi am 8. Juni 2012