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Wundertätige Maria

Du bist nicht von hier, sondern weit weg aus Italien. So, wie der Glaube an dich so heiß ist, dass es schwer für uns wird, dies nachzuempfinden – hier im (gefühls-)kalten Deutschland. Trotzdem wartest du auf uns … in kleinen Kapellen, großen Kirchen, im kühlen Dunkel katholischer Gotteshäuser … gleich hinten, beim Schriftenstand.

Ein unscheinbares Medaillon aus silbernem Zink oder goldenem Messing im Plastiktütchen, in das du für die Reise liebevoll verpackt wurdest. Mit dabei liegt ein unscheinbarer Zettel mit der Beschreibung deiner Wundertaten. Frei zu haben, für eine kleine Spende. Ich kenne dich von früher, aus meiner Kindheit. Damals hingst du an meinem Hals, so wie heute Kreuze die jungen Mädchen zieren. Stille Begleiterin auf meinen abenteuerlichen Wegen, Beschützerin in bedrohlichen Situationen. Du hast mir geholfen, in meiner Traurigkeit, nach kleineren Verletzungen und bei Krankheiten.

Irgendwann, irgendwo, unbewusst und ungewollt habe ich dich verloren. Bis du mir wiedergegeben wurdest. Aus der warmen Hand einer mitfühlenden Patientin während der Krankensalbung in der weihnachtlich geschmückten Hospitalkapelle. Zu dritt saßen wir vor dem Pfarrer, am Abend vor Drei-König. Beherrscht von einem übermächtigen Gedanken, konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten: „Herr, vergib mir, denn ich werde mich heute umbringen“. Genau in dieser Situation kamst du zu mir zurück – ein Geschenk des Himmels, hervorgekramt aus einer Geldbörse, bis dahin verborgen zwischen den Münzen im Kleingeldfach.

Auf dem Heimweg durch die klare Nacht branntest du wie Feuer in meiner Hand. „Horch’ diese Stille – doch morgen früh ertönt wieder Vogelgesang; Sieh’ die Sterne in ihrem Glanz – doch sie verblassen am Morgen im Strahlen der Sonne; Fühl’ den Frost in deinem Herzen – aber es schlägt noch und die wärmende Sorge deiner Freunde wartet auf dich.“ Endlos lange stand ich hin und hergerissen zwischen dem Dunkel des Waldes und den Lichtern meines Hotels. Schließlich atmete ich die eiskalte Luft schmerzhaft tief in meine Lungen ein und entließ den dampfend-warmen Lebenshauch in die Weite.

Schritt für Schritt ging ich danach ins Leben zurück. Bis heute spendest du mir Kraft, wenn ich verzagen möchte. „Gib’ nicht auf, geh’ weiter“, raunst du mir dann zu. Wie gerne würde ich der damaligen Patientin für dieses selbstlose Geschenk danken. Ob sie wohl geahnt hat, dass du an diesem Tag mein Leben retten solltest?

Geschrieben von tobi am 31. Juli 2012