Verloren und wieder gefunden – Lustige Kuscheltiergeschichte
Mein Sohn war drei Jahre alt und trug ständig eins seiner Kuscheltiere mit sich herum. Nachts lagen sie in seinem Kinderbett, und er konnte nicht einschlafen, wenn nicht alle um ihn versammelt waren. Er hatte ständig Sorge, dass eins verloren gehen könnte, und so zählte er gerne seine Lieben durch. Habe ich schon erzählt, dass mein Sohn, mittlerweile Schulkind, ein Rechenexperte geworden ist?
An einem kühlen Tag im Mai machten wir mit einer Kindergruppe einen Ausflug in den Dortmunder Westfalenpark. Mit dabei war Schäfchen, ein nettes Kuscheltier, klein genug, um in der Anoraktasche oder in Mutters Handtasche verstaut zu werden. Schäfchen erlebte den Ausflug mit: den Spielplatz, die Grünanlagen, das Restaurant, und ich denke, es fand ihn genauso gelungen wie ich.
Am Abend, es war Zeit schlafen zu gehen, erzählten wir uns noch etwas vom Westfalenpark. Und – gerade als wir Schäfchen nach seiner Meinung fragen wollten – stellten wir fest, dass das kleine Kuscheltier nicht wie gewohnt im Bett lag. Wir suchten das Kinderzimmer ab, das Wohnzimmer, die Küche, ohne Erfolg. Schäfchen blieb verschwunden. Wir hatten eine unruhige Nacht: mein Sohn, weil er sich in seinem Kummer vorstellte, wie Schäfchen einsam im Dunkel des Parks vergessen hinter einer Bank lag, und ich, weil ich wusste, dass mein Sohn unglücklich war.
Die nachfolgenden Tage verbrachten wir mit gründlichem Suchen. Ich habe eine Menge verloren geglaubter Dinge wiedergefunden und kenne jetzt auch unsere Küchenbank von unten und den Schlafzimmerschrank von ganz oben, aber Schäfchen tauchte nicht auf. Ich besuchte mit letztem Mut den Leiter unserer Kindergruppe, schilderte ihm unser Unglück und fragte, ob vielleicht irgend jemand oder gar er unser Schäfchen aus Versehen… Nein, ein solches Kuscheltier war nicht bei ihm aufgetaucht. Mein Sohn bemühte sich, Schäfchen zu vergessen, doch in den Abendstunden kamen die Gedanken wieder: Und wenn es nun regnet, und Schäfchen wird nass und schmutzig? Und friert? Die Nächte blieben unruhig. Unsere Kuscheltiere haben echten Familienanschluss bei uns, und der Gedanke, dass ihnen etwas Schreckliches zustoßen könnte, ist für mich als vernünftige Mutter schwer auszuhalten.
Ein paar Tage später kam ich an einem Drogeriemarkt vorbei. In einem Korb lagen neben Parfümproben und Duschgelpackungen Mitbringsel für Kinder: Anhänger, Figuren und – Kuscheltiere. Und eins davon war ein Schäfchen, genauso wie unser verlorenes Schaf, nur schöner, sauberer und kuscheliger. Was war ich froh! Ich kaufte es und steckte es tief in meine Tasche, denn man weiß ja, dass Schafe schnell verloren gehen können. Zu Hause habe ich sofort das Schäfchen ausgepackt und meinem Sohn überreicht. Nein, es war nicht Schäfchen, das blieb verloren, aber es war sein Bruder und hieß ab sofort Sterni. Warum? Es sah genau wie Sterni aus, das fanden wir beide. Und am Abend zur Schlafenszeit erzählten wir Sterni von seinem Bruder, der irgendwo im Westfalenpark verloren gegangen war. Die Zeit verstrich. Der Sommer kam und ging, es wurde kälter, und ich räumte die dünnen Sommersachen aus den Schränken und holte die Wintergarderobe hervor.
Ich dachte gerade darüber nach, wie schnell doch die Kinder aus ihren Anoraks wachsen, und ob es ein tückisches Gesetz gibt, das die Ärmel in 5-cm-Schritten schrumpfen lässt, sobald man versucht, den Kindern etwas Warmes aus dem Vorjahr anzuziehen. Plötzlich stutzte ich. Die Kapuze des Winteranoraks war etwas ausgebeult, vermutlich steckten dort noch die Handschuhe drin, dachte ich und griff hinein. Und was hatte ich in der Hand? Genau, es war Schäfchen. Warm, kuschelig, und gut gelaunt lächelte es mich an und wartete darauf, dass endlich jemand mit ihm spielte.
Könnt ihr euch vorstellen, wie glücklich mein Sohn an diesem Tag war? Wir haben übrigens nie wieder ein Kuscheltier verloren, statt dessen sind noch einige andere in unsere Familie aufgenommen worden. Und am Frühstückstisch ertrage ich es mit wirklicher Gelassenheit, dass beide, Schäfchen und sein Bruder Sterni, neugierig in meine Teetasse schauen und leise mit der Stimme meines Sohnes kichern.